Q wie Quorn

Hunger ist seit Menschengedenken eines der grössten Probleme der Menschheit.

Die UNO schätzt, dass heute über 800 Millionen Menschen hungern. Quorn steht stellvertretend für industriell hergestellte Nahrungsmittel. Es ist ein proteinreiches und cholesterinarmes Gemisch aus Schimmelpilzmyzel, das mit Vitaminen und Mineralien angereichert und zu vegetarischem Fleischersatz verarbeitet wird.

Schweizer stellen hohe Ansprüche an Nahrungsmittel. Gesund müssen sie sein, natürlich, ästhetisch gefällig und typisch schweizerisch. Oder vielleicht so exotisch, wie wir uns unseren Urlaub vorstellen.

Offensichtlich ist der Mensch keine biologische Maschine, die Essen rein funktionell als Aufnahme von Treibstoff versteht. Essen besitzt eine wichtige kulturelle und soziale Bedeutung, ja manchmal sogar eine religiöse Komponente. Gemeinsames Jagen oder Ernten, gemeinsames Kochen und Essen haben eine zentrale gesellschaftliche Bedeutung – und eine nostalgische Note. «Das schmeckt wie beim Grosi» ist wohl eine der höchsten kulinarischen Auszeichnungen in der Schweiz.

Trotzdem hat in unserer Generation Fast Food einen wichtigen Platz in der Ernährung eingenommen, solange es so aussieht, riecht und schmeckt, wie wir uns Essen vorstellen. Astronautennahrung hat einen schwierigen Stand ausserhalb der Raumkapsel und jenseits von Kindergeburtstagsfesten. Doch verschiedene Entwicklungen werden unsere Essgewohnheiten weiter beeinflussen. Zwar legen LOHAS grossen Wert auf natürliches, gesundes und authentisches Essen. Eine klare regionale Identifizierung, die die Exklusivität einer Speise unterstreicht und ihr beinahe kunsthandwerkliche Qualität verleiht, steigert den Liebhaberpreis durchaus.

Doch Nahrung als Ressource ist global zu wichtig, als dass sie sich hinfort an unseren traditionalistischen Vorstellungen orientieren könnte. Oder wenn wir aus Gründen der globalen sozialen Gerechtigkeit beginnen werden, ganzheitliche Verkehrs-, Energie-, CO2- und Ressourcenbilanzen für den Herstellungsprozess unserer Nahrungsmittel auszurechnen – so, wie dies heute in den Schulen bereits thematisiert wird. Demnach ist zu erwarten, dass auch bei der Nahrung die Akzeptanz gegenüber neuen Materialien und Gemischen aufgrund sowohl ethischer Verantwortung als auch finanzieller Knappheit weiter zunehmen wird – gegenüber Fleisch- und Fischresten, die wir heute an Tiere verfüttern, oder gegenüber Insekten, die schon heute in Asien und Afrika gegessen werden. Was durchaus traditionell wäre, denn einst hat in Europa die breite Bevölkerung Brei und Eintopf gegessen. Hauptsache, das Essen wird weiterhin so aussehen, riechen und schmecken, wie wir das heute von Essen erwarten – mindestens als Hamburger, Fischstäbchen oder Dosenravioli.

P wie Patente

R wie Ressourcen

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Pandemie und Börsenkrise haben eine Gemeinsamkeit gehabt – sie sind Indikatoren des Megatrends „Globalisierung“

Die Globalisierung ist Realität geworden: Viren sind der Inbegriff des Megatrends Mobilität. Gehen wir der globalen Risikogesellschaft entgegen?

Das Phantom der Schweinegrippe geht um. Es gibt Ängste, Medienrummel, Klarstellungen. Wird in dieser Woche die Schweinegrippe zu einer globalen Pandemie anwachsen, die auch uns in der Schweiz bedrohen wird? In direkter Weise für unsere eigene Gesundheit und in nachhaltiger Weise für unser gesellschaftliches Leben?

Im Jahr 2009 leben wir 90 Jahre nach der Spanischen Grippe, die 1918 bis 1920 wütete – wird die «Mexikanische Grippe» 2009 ebenso als globale Tragödie in die Geschichte eingehen? Oder werden wir bereits im Juni lästern über den Planungs- und Schutzaufwand und ihn nachträglich als unverhältnismässig abqualifizieren?

Im Jahr 2009 leben wir 20 Jahre nach dem Berliner Mauerfall 1989. Damals wussten wir nicht, dass das Ende des Kalten Krieges der Anpfiff zum Siegeszug der Globalisierung und der grenzenlosen Mobilität werden sollte. Das jahrzehntelange Ausbalancieren zwischen Kapitalismus und Kommunismus fand ein Ende. Die neoliberale Marktwirtschaft trat ihren globalen Siegeszug an. Ungebremste Börsengewinne und andauerndes Wirtschaftswachstum waren die Paradigmen. Die Regeln der sozialen Verantwortung der wirtschaftlich Starken für die Schwachen, der Bildung von Reserven als Vorsorge für schlechte Zeiten oder der Schaffung von Redundanzen als Sicherheit für Zeiten der Belastung gerieten vergessen. Im Rausch der neuen Freiheit ahnten wir nicht, dass diese Vergesslichkeit ein neuer Megatrend werden könnte. Erstaunlich, denn 1989 war es erst drei Jahre her seit den Katastrophen von 1986: dem Absturz der US-Raumfähre «Challenger», der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, dem Grossbrand bei Sandoz in Schweizerhalle – die Risikogesellschaft war geboren.

Im Jahr 2009 leben wir zehn Jahre nach 1999, dem Höhepunkt der New Economy – die Regeln der alten Ökonomie waren zu vergessen! Wer damals als Unternehmer seinen Gewinn im Kerngeschäft und nicht an der Börse erzielen wollte, galt als dumm. No risk and a lot of fun war das neue Lebensgefühl. Damals wussten wir nicht, dass bereits im März 2000 die Dotcom-Bubble platzen sollte. Plötzlich zogen Schatten auf, die New Economy entpuppte sich als Irrglaube. 2001 wurden wir als Risikogesellschaft wieder aufgeschreckt: 9/11 in New York, Amoklauf im Parlamentssaal von Zug, Swissair-Grounding, der Grossunfall im Gotthard-Strassentunnel zeigten unsere Verwundbarkeit auch in der Schweiz. Und die Ängstlichkeit der Amerikaner bewirkte in einer Zeit der Globalisierung rigide Kontrollen an den Flughäfen.

Im Jahr 2009 leben wir fünf Jahre nach 2004 – die Wirtschaft erholte sich, die Börsen wurden wieder bullish, die Welle der Globalisierung gewann die Oberhand, nicht mehr Geiz, sondern Konsum war wieder geil.

 

Zwar merkten kritische Geister auf: 2004 der Tsunami im Indischen Ozean, 2005 der Hurrikan «Katrina», seit 2005/06 Meldungen über die asiatische Vogelgrippe, der Uno-Klimabericht 2006 und die explodierenden Ölpreise. Neue Krisen tauchten am Horizont auf, die nur global und gemeinsam gelöst werden konnten – Krisen, die konkrete Vorsorge und Verhaltensänderungen erforderten.

 

Als im Frühsommer 2007 die US-Immobilienkrise ausbrach und schliesslich weltweit die Börsen mitriss, gerieten die Ideale von Globalisierung und Wachstum ins Wanken.

Und spätestens Anfang 2009 wurde klar, dass die Globalisierung zur Falle der modernen Portfolio-Theorie geworden war, eine Diversifikation der finanziellen Risiken war nicht mehr möglich, da alle am selben globalen Markt partizipierten; der Glaube an die selbstheilenden Kräfte der Finanzmärkte entpuppte sich als Irrglaube. Und als überall Staaten einspringen mussten, um die Global Players der Finanzmärkte zu retten, wurde der Ruf nach dem Primat der nationalen Interessen vor dem Gespenst der Globalisierung laut.

 

Doch die Globalisierung ist Realität geworden – für Börsenkurse und für Viren. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung des Virus H1N1 durch den Flugverkehr ist ein Musterstück: Viren sind der Inbegriff des Megatrends Mobilität – sie lassen sich in einer freien Welt kaum stoppen.

Dass die WHO so schnell die Warnphasen auf 4 und auf 5 anhob und nun bereits die Deklaration von Phase 6 als Pandemie in wenigen Tagen plant, hat nichts mit der Situation in unseren Schweizer Wohnzimmern zu tun. Aber damit, dass die Globalisierung Realität geworden ist und dass eine Pandemie nur in gemeinsamer globaler Verantwortung bekämpft werden kann.

Unsere nationalen und kantonalen Pandemieplanungen mögen Detailfehler haben, die durch die reale Pandemie korrigiert werden. Doch: Hat unsere Wirtschaft wenigstens für diese Krise vorgesorgt? Oder wird sie übertölpelt wie durch die Börsenkrise? Werden wir nun in dieser Pandemie erleben, dass sich das Paradigma der Maximierung der Rendite durch Verzicht auf Reservebildung und Redundanzen für den Notfall als Irrglaube entpuppen wird? Haben wir etwa wieder etwas vergessen – die Eigenverantwortung für unsere eigene Krisenvorsorge? Ob wir wohl eines Tages nach dem Trend der Vergesslichkeit die Renaissance des Trends der Verantwortlichkeit noch erleben werden?